8 Dilemmata eines programmatischen Prüfungsansatzes 

Ein programmatischer Prüfungsansatz ist ein ganzheitlicher Ansatz, der die vollständige Entwicklung des*der Lernenden betrachtet. Das klingt erst einmal nach einem guten Anfang, aber wie kann man dies in das Curriculum integrieren? 

Bei der Gestaltung eines Curriculums können viele verschiedene Entscheidungen getroffen werden. Diese Entscheidungen führen zu Dilemmata, von denen Wessel Peeters, Mitbegründer von Vernieuwenderwijs und Bildungsexperte am Buurtcollege Agora Maas en Peel, einige aufgeschrieben hat. Für ein leistungsfähiges, programmatisches Curriculum ist es wichtig, bewusste und fundierte Entscheidungen zu treffen. Dies sind Entscheidungen, die Sie als Team treffen, indem Sie gemeinsam an ihnen arbeiten: gemeinsames Lernen durch Planung. 

Link zum Originaltext (in niederländischer Sprache): https://www.vernieuwenderwijs.nl/programmatisch-toetsen-8-dilemmas/ 

1. Inwieweit können die Lernenden die Anzahl und Art der Datenpunkte bzw. Lernmomente selbst bestimmen? 

Autonomie ist wichtig für die Motivation. Wenn man den Lernenden die Wahl lässt, sind sie oft motivierter, was bedeutet, dass sie mehr Freude am Lernen haben und im Durchschnitt bessere Leistungen erbringen. Durchschnittlich, denn zu viel Wahlfreiheit kann ebenso kontraproduktiv sein. Und dabei soll natürlich auch die Gültigkeit der Datenpunkte sichergestellt werden. 

 

2. Welche Rolle spielen Lernmomente, in denen wenig auf dem Spiel steht, bei einer Entscheidung, bei der viel auf dem Spiel steht?  

Sogenannte Low-Stake-Lernmomente sind Momente, in denen man bewusst über die Entwicklung einer Person nachdenkt. Sie sind eine wichtige Informationsquelle bei einer Entscheidung, bei der wiederrum viel auf dem Spiel steht. Einerseits will man nicht, dass etwas „bestanden“ sein muss. Andererseits soll aber auch eine gewisse Werthaftigkeit in Betracht der Gesamtheit haben. Eine Möglichkeit, dieses Dilemma zu lösen ist das Einführen eines “Ampel”-Moments, bei welchem die Dinge gut, zweifelhaft oder nicht so gut laufen. Ein solcher Moment sollte jedoch keine summativen Auswirkungen haben. 

3. Müssen die Lernenden bei einer High-Stake-Bewertung alle Lernergebnisse oder Kompetenzen ausreichend beherrschen, um eine positive Beurteilung zu erhalten?

Lernergebnisse sind eine Operationalisierung von Kompetenzen. Hat der*die Lerndenede zu dem Zeitpunkt, zu dem er*sie zwei von drei Lernergebnissen im Rahmen einer Kompetenz ausreichend beherrscht, diese Kompetenz ausreichend nachgewiesen? Ist dies nicht der Fall, so hat der*die Lernende nicht alle Kompetenzen ausreichend nachgewiesen. Ist das schlecht, wenn er oder sie z. B. einige andere Kompetenzen außergewöhnlich gut bewiesen hat? Mit anderen Worten: Muss es überall ein “Bestanden” sein oder darf es ein Gleichgewicht geben? 

 

4. Auf welcher Grundlage wird festgestellt, ob ein Studierender ein Lernergebnis angemessen nachgewiesen hat?  

Möchten Sie als Team eine ganzheitliche Entscheidung darüber treffen, ob eine Leistung auf Grundlage des erhaltenen Feedbacks, ausreichend ist? Wie stellen Sie dann sicher, dass Sie sich weitgehend einig sind? Sie könnten eine analytische Rubrik erstellen, die Sie für die hohen Anforderungen und die Datenpunkte verwenden. Aber wie stellen Sie dann wiederrum sicher, dass dies nicht einen solchen Einfluss hat, dass es zu einer analytischen Entscheidung wird? 

 

5. Wie oft muss ein Lernergebnis nachgewiesen werden, damit eine Entscheidung gültig ist? 

Reicht es aus, wenn ein*eine Studierende*r einmal überzeugend nachweist, dass er*sie ein Lernergebnis beherrscht, oder ist das Zufall? Wenn ein*eine Lernende*r es öfter vorführen muss und es zweimal gut und beim dritten Mal nicht gut geht. Welche Entscheidung wird dann getroffen? 

 

6. Inwieweit passt der derzeitige didaktische Ansatz zum programmatischen Ansatz? 

Beim Programmatic Assessment geht es um die Gestaltung des Curriculums. Dies unterscheidet sich von der Didaktik. Es kann jedoch gesagt werden, dass diese Form der Prüfung eine stärkere Konzentration auf den Feedback-Prozess erfordert, bei dem Begriffe, wie formatives Handeln und didaktisches Coaching relativ wichtig sind. Inwieweit entspricht Ihr derzeitiger didaktischer Ansatz diesen Anforderungen? Welche Entscheidungen wollen Sie in Zukunft treffen? 

 

7. Wer sollte dem Gremium angehören, in dem High-Stake-Entscheidungen getroffen werden?  

In der Regel trifft ein Gremium von ±3 Fachleuten eine High-Stake-Entscheidung. Aber wer sollte diesem Gremium angehören? Sollten es lediglich Dozenten*Dozentinnen sein oder ebenso Fachkräfte aus der Praxis? Und wollen Sie, dass diese Leute den*die Studierende kennen oder nicht? 

 

8. Inwieweit ist das Berufsfeld an den Entscheidungen beteiligt?  

Sie streben eine Dreiecks-Ausbildung an (Bildung, Forschung, Praxis). Inwieweit beziehen Sie den Arbeitsbereich in die Entscheidungsfindung ein? Dürfen Vorgesetzte am Arbeitsplatz zum Beispiel Feedback zu relevanten Datenpunkten bzw. Lernmomenten geben? Sind sie in eine Situation verwickelt, in der wenig auf dem Spiel steht? Und / oder vielleicht auch Teil des o.g. Gremiums? Wie auch immer die Entscheidung ausfällt, wie bereiten Sie das Fachpersonal vor Ort auf diese Aufgabe vor? 

Acht Dilemmas, über die wir als Team nachdenken sollten. Die Erörterung dieser Sachverhalte könnte zu weiteren Fragen führen. Wir sind neugierig, ob Sie diese Dilemmas erkennen und welche Entscheidung Sie als Team getroffen haben.

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