Inklusion in der Medizinische Ausbildung: Ein Schritt nach vorn und digitale Tools, die helfen können

Von Roel Smabers & Britt Bomhof 

In den letzten Jahren ist die Aufmerksamkeit für Inklusion in der medizinischen Ausbildung zu Recht gestiegen. Eine vielfältige Studierendengruppe und ein inklusives Lernklima sind wesentlich für die Ausbildung von Ärzten und Ärztinnen, die effektiv mit einem diversen Patientenklientel umgehen können. 

Vor etwa 20 Jahren war die Ärzteschaft überwiegend männlich und weiß. Seitdem wurde vor allem bei der Geschlechterverteilung aufgeholt. Der Anteil der Ärztinnen stieg von 32% im Jahr 2005 auf 46% im Jahr 2016. 2016 gab es also noch nicht mehr weibliche als männliche Ärzte, aber inzwischen ist dies über alle Ärzte hinweg der Fall. Bei den Fachärzten stieg der Anteil von 26% im Jahr 2004 auf 41% im Jahr 2016. Die Prozentsätze variieren jedoch erheblich zwischen den Fachrichtungen: Herzchirurgen und Orthopäden waren 2016 mit 11% bzw. 12% immer noch überwiegend männlich. Dieses Verhältnis hat sich bisher nicht wesentlich geändert. Bei den Hausärzten ist dies anders, wie Zahlen des CBS zeigen. Hier sehen wir, dass die Zahl der Hausärztinnen nun größer ist als die der männlichen Hausärzte. 

Obwohl also bereits beträchtliche Fortschritte im Verhältnis zwischen Männern und Frauen erzielt wurden, gibt es noch viel Raum für Verbesserungen. Derzeit wird der Anteil der Fachärzte mit Migrationshintergrund auf 2 bis 4 Prozent geschätzt. Es gibt also noch viel zu tun, wenn die Ärzteschaft ein Spiegelbild unserer Gesellschaft werden soll. Diese Arbeit beginnt bereits in der Ausbildung. Und auch wenn wir den Beitrag und die Rolle, die digitale Systeme dabei spielen können, nicht überschätzen sollten, glauben wir, dass ein Portfolio-Tool helfen kann. In diesem Artikel untersuchen wir den aktuellen Stand und wie digitale Tools wie E-Portfolios zu einer inklusiveren medizinischen Ausbildung beitragen können.

Die Herausforderungen der Inklusion in der mezinischen Ausbildung

Auf dem NVMO-Kongress 2024 (Niederländische Vereinigung für medizinische Ausbildung) mit dem Thema “Chancengleichheit in der Gesundheitsausbildung” war Inklusion das Hauptthema des Kongresses mit einem vollständigen Programmstrang dazu. Dies zeigt, dass dem Thema in der Bildung sicherlich Aufmerksamkeit gewidmet wird. Dennoch zeigen viele Studien, dass es immer noch Ungleichheiten beim Zugang zu medizinischen Ausbildungen gibt. Studierende aus wohlhabenden Familien oder mit Eltern im medizinischen Bereich haben eine höhere Chance auf Zulassung, während Studierende mit Migrationshintergrund unterrepräsentiert sind (3). Dieser Mangel an Vielfalt hat nicht nur Folgen für die Studierenden selbst, sondern auch für die Qualität des Gesundheitswesens insgesamt.

Neben den Auswahlverfahren stellen auch die Erfahrungen während der Ausbildung eine Herausforderung dar. Studierende aus Minderheitengruppen berichten regelmäßig von Erfahrungen mit Aggressionen und subtilen Formen der Diskriminierung (3). Diese Erfahrungen können sich negativ auf ihr Wohlbefinden und ihre Leistungen auswirken.

Hin zu einem inklusiveren Curriculum

Auch weltweite Forschungen zeigen, dass Vielfalt in der Medizin deren Qualität verbessert. Und wenn wir dann sehen, dass es immer noch ein ziemliches Ungleichgewicht zwischen der Ärzteschaft und der Gesellschaft gibt, gibt es noch viel zu gewinnen. Eine der Studien, die kürzlich in den Hausarztausbildungen durchgeführt wurde, hat eine sogenannte DEI-Strategie (Diversität, Equity und Inklusion) formuliert. Diese besteht aus sieben sehr konkreten Strategien, von denen dies die wichtigsten sind:

  • DEI-Kompetenzförderung für alle Beteiligten in der Hausarztausbildung mithilfe von Trainingsprogrammen;
  • Ernennung von DEI-Botschaftern in allen Teams der Hausarztausbildung, die zur Wissensvermittlung und Reflexion über mögliche Vorurteile beitragen;
  • Teilnahme an DEI-Netzwerken; Aktive Stimme für Assistenzärzte und -ärztinnen aus ethnischen Minderheitsgruppen bei Entwicklungen innerhalb der Hausarztausbildung.

Obwohl es viel Aufmerksamkeit gibt und auch schon einige Initiativen innerhalb der Medizin gestartet wurden, bleiben noch genügend Herausforderungen bestehen. Um diese Herausforderungen anzugehen, ist es wichtig, dass medizinische Ausbildungen aktiv an einem inklusiveren Curriculum arbeiten. Im Allgemeinen werden oft die folgenden Aspekte als unterstützend für den Prozess zu mehr “DEI” genannt:

  • Bewusstsein für implizite Vorurteile
  • Wissen über Gesundheitsfragen, die spezifisch für bestimmte Gruppen sind
  • Fähigkeiten zur effektiven Kommunikation mit einer diversen Patientenpopulation

 

Die Rolle digitaler Tools bei der Inklusion

Digitale Tools, einschließlich E-Portfolios, können einen bescheidenen, aber möglicherweise wertvollen Beitrag zur Förderung der Inklusion in medizinischen Ausbildungen leisten. Wir sehen zum Beispiel in Studien zu “Biasing” und der Übergabe von Absolventen in die praktische Arbeitsumgebung als Assistenzärzte und -ärztinnen (Learner Handovers), dass der Einfluss negativen Feedbacks große Auswirkungen darauf hat, wie der oder die Lernende den Lernweg fortsetzt. Studierende, die negatives Feedback mit sich tragen, erhalten strukturell niedrigere Noten. Und oft geschieht dies unbewusst oder zumindest außerhalb des Blickfelds. Eine Feedbackgeberin, die beiläufig in einem Gespräch mit einem Feedbackgeber erwähnt, dass ein Studierender “etwas zusätzliche Hilfe gebrauchen könnte” oder “es nicht so gut macht”, ist sich oft kaum bewusst, wie viel Einfluss eine solche beiläufige Bemerkung haben kann. Es wurde viel über den negativen Einfluss geforscht, den Feedback haben kann, insbesondere wenn es aus einer einzigen Quelle stammt. Viele Bildungseinrichtungen und ForscherInnen sind sich einig, dass sogenanntes “Multi-Source-Feedback” fairer ist und ein wahrheitsgetreueres Bild liefert (5). Und hier liegt auch die Verbindung zwischen dem Beitrag, den gute und transparente digitale Tools zur Diversitätsfrage leisten können. Insbesondere die Erhöhung von Transparenz, Fairness und das Bewusstsein für diese Aspekte können möglicherweise unbewusstes Biasing verringern.

Einige sehr praktische Ansätze zur Förderung der Vielfalt sind:

  • Personalisiertes Lernen: E-Portfolios ermöglichen es Studierenden, ihren eigenen Lernweg zu verfolgen und über ihre Erfahrungen zu reflektieren. Dies kann dazu beitragen, die einzigartigen Perspektiven und Hintergründe der Studierenden anzuerkennen und wertzuschätzen (2).
  • Gleiche Chancen für Feedback: Digitale Plattformen können für eine strukturiertere und objektivere Art der Feedbackgabe sorgen, wodurch die Chance auf unbewusste Vorurteile verringert wird.
  • Zugänglichkeit: Online-Tools können die Zugänglichkeit der Bildung für Studierende mit körperlichen Einschränkungen oder anderen Herausforderungen erhöhen.
  • Kulturelle Kompetenz: E-Portfolios können spezifische Module zur Entwicklung kultureller Kompetenz enthalten, wodurch Studierende besser auf die Arbeit mit diversen Patientenpopulationen vorbereitet werden.

 

Fazit

Obwohl digitale Tools wie E-Portfolios möglicherweise  positiv zu einer inklusiveren medizinischen Ausbildung beitragen können, sind sie nur ein Teil der Lösung. Echte Veränderung erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem alle Aspekte der Ausbildung kritisch betrachtet und angepasst werden müssen. Instrumente oder Konzepte wie “Workplace Based Assessment”, Programmatic Assessment, Multi-Source-Feedback, OSCE, bei denen für den Lernenden und die Feedbackgeberin der Ursprung einer Entscheidung immer klar sein kann, können dabei sehr verdienstvoll sein. Daher sind dies unserer Meinung nach auch wichtige Elemente eines guten digitalen Portfolios. Besonders jetzt, da Algorithmen und KI-Unterstützung zunehmend in solchen Tools eingesetzt werden.

Die Schaffung einer inklusiven Lernumgebung in medizinischen Ausbildungen ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit für die Studierenden, sondern auch eine Investition in eine bessere Gesundheitsversorgung für alle. Indem wir Vielfalt annehmen und Inklusion fördern, bilden wir Ärzte und Ärztinnen aus, die besser in der Lage sind, Versorgung für eine zunehmend vielfältige Gesellschaft zu leisten (1).

 

Quellen 

  1. Huisartsopleiding Nederland. (o. D.). Bevorderen van diversiteit, inclusie en gelijke kansen tijdens de opleiding. Abgerufen am 14. November 2024 von https://www.huisartsopleiding.nl/kwaliteit-innovatie/opleidingsinnovatie/bevorderen-van-diversiteit-inclusie-en-gelijke-kansen-tijdens-de-opleiding/
  2. Nederlandse Vereniging van Revalidatieartsen. (o. D.). Diversiteit en inclusie in de opleiding tot revalidatiearts. Abgerufen am 14. November 2024 von https://www.revalidatie.nl/ntr/diversiteit-en-inclusie-in-de-opleiding-tot-revalidatiearts/
  3. De Jonge Dokter. (o. D.). Hoe ver zijn we al? Diversiteit en inclusie in het medisch onderwijs. Abgerufen am 14. November 2024 von https://dejongedokter.nl/djd-schrijft/hoe-ver-zijn-we-al-diversiteit-en-inclusie-in-het-medisch-onderwijs/
  4. Obihara, C. & Maarse, H. (2024). Naar een inclusieve opleiding in de zorg: Diversiteit en inclusie onder artsen.
  5. Lee, H. W. & Kim, E. (2019). Workforce diversity and firm performance: Relational coordination as a mediator and structural empowerment and multisource feedback as moderators. Human Resource Management, 1-19.

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